Samstag, 18. Dezember 2010

#5

Hier, lest es. Es ist lediglich das erste Kapitel und vielleicht.. zeige ich euch bald mehr. Oder so.
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Ich stand wie jeden Morgen um punkt Sechs Uhr auf. Ich brauchte gar keinen Wecker mehr und alles war nur noch Routine für mich. Ich zog mich an, bürstete mein langweiliges, braunes Haar und ging runter, um zu frühstücken. „Morgen, Mum, Morgen, Dad.“ grüsste ich meine Eltern. „Morgen Liebes, na, hast du gut geschlafen?“ Kam es prompt von meiner Mutter zurück. Ihre grün, blauen Augen schauten mich lebhaft an. Meine Mutter hatte mehr Lebensfreude in sich, als gut für sie war. Mit ihren fast vierzig sollte sie ja eigentlich mal ruhiger werden, oder? Ich nickte und strich mir Butter aufs Brot. „Morgen meine Kleine, gib mir mal bitte die Salami, ja?“ hörte ich Dad’s tiefe, beruhigende Stimme. Er war ruhiger als Mum und konnte sie somit gut im Zaun halten. Naja, und grauer, dachte ich belustigt. Was der Unterschied von zwei Jahren alles ausmachen konnte, dachte ich mir. Dad’s graue Augen gaben mir immer das Gefühl, dass er alles wüsste und das war manchmal ziemlich beunruhigend. Er fuhr sich durch seine kurzen, schwarzen Haare, nahm sich die Zeitung und las. Mum hingegen versuchte ein Sudokurätsel zu lösen. Wenn ich sie dabei beobachtete, musste ich immer lachen. Denn je länger sie es versuchte, desto mehr Falten bildeten sich auf ihrer Stirn. Schließlich gab sie es auf, nachdem ihr Radiergummi fast aufgebraucht war und band ihre braunen Haare zu einem Zopf zusammen. Ich schaute auf die Uhr, nahm mein Butterbrot und ging zur Schule, zuvor sagte ich den beiden: „Bis später, Mum und Dad.“ Als Antwort bekam ich: „Ja, bis später und viel Spaß in der Schule!“ zurück.
Als ich raus ging spürte ich, dass etwas in der Luft lag, nur wusste ich nicht was. Komisch, wird es heute etwa regnen? fragte ich mich. Ich schüttelte nur den Kopf und ging zum Bushaltestelle, wo der Bus wenige Minuten später kam. Als ich einstieg fiel mir ein Junge auf, der sehr gut aussah. Er starrte aus dem Fenster, sodass ich seine Augenfarbe nicht erkennen konnte, aber er hatte wunderschönes, schwarzes Haar. Aber das war es nicht, was mich anzog, es war sein Gesicht und der Ausdruck darin. Ich fragte mich, woran er wohl dachte. Sein Gesicht sah nicht mehr so kindlich aus, sondern eher von dem, eines Erwachsenen, aber er konnte doch wohl nicht soo viel älter sein, als ich, oder? schoss es mir durch den Kopf. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich jedoch nicht deuten. Er sah traurig aus, aber ernst. Ich konnte kaum den Blick von ihm abwenden, aber irgendwie gelang es mir doch. Als der Unterricht begang, kam Herr Schilling mit dem Jungen aus dem Bus herein. „Das ist Sio, er ist neu hier und seit bitte nett zu ihm, ja?“ Ich rollte mit den Augen. Bin mal gespannt, neben wenn er soll, dachte ich. Wir hatten viele Plätze frei. Einmal neben unserer blonden, blauäugigen Klassenzicke Beatrix, neben unserem schwarzhaarigen, grünäugigen Klassenclown Lukas war ebenfalls ein Platz frei und neben mir war leider einer frei. „Setzt dich doch bitte neben Kathi, ja?“ Ich seufzte, warum ausgerechnet neben mir? Naja, was soll’s, vielleicht redet er ja gerne, hab ich wenigstens mal jemanden zum quatschen, dachte ich mir. „Nun, beginnen wir mit Mathe…“ Der erste Block ging schnell vorbei und es stellte sich überraschenderweise heraus, dass Sio sehr gut in der Schule war. Vielleicht fragen mich ja jetzt nicht mehr alle, wie die Aufgaben gehen, dachte ich lächelnd, als die Stunde vorbei war. In der ersten Pause ging ich an meinen Lieblingsplatz, unter einen Baum. Wir hatten viele Bäume, worunter man sich setzten konnte. Die Sonne scheint und nichts liegt mehr in der Luft. Ich hörte von weitem die Vögel zwitschern und war zufrieden mit mir. Wenigstens ist mal was Neues passiert, dachte ich. Immer das Gleiche nervt langsam. Tagein Tagaus, morgens aufwachen, in die Schule gehen, mittags heimkommen, Zeit vertreiben, schlafen gehen und alles beginnt von vorne. Ich seufzte, holte meinen Notizblock heraus und zeichnete eine Meise nach, die ich auf einem Ast sah. Erst den Umriss und dann die Feinheiten. „Hey, du kannst echt gut zeichnen!“ hörte ich plötzlich eine tiefe Stimme vor mir. Ich blickte erschrocken auf und sah in Sio’s Augen, die mich an Gold erinnerten. Sie waren zwar gelb, aber nicht so wie die Sonne, sondern eher bräunlich und cremefarben. Wie komme ich auf Gold, wenn die Augen cremefarben sind? fragte ich mich verwirrt. Aber genauso sahen seine Augen aus. Wie Gold, mit braun und einem Tupfen von einer Creme.
Der Ausdruck seiner Augen überraschte mich, er sah genauso aus, wie das fehlende Puzzleteil von dem Ausdruck, den ich im Bus gesehen habe. „Wieso schaust du denn so traurig? Liegt dir etwas auf dem Herzen?“ „Nein, es ist nichts!“ Ich war überrascht von mir, dass ich mich so etwas traute, zu fragen. Sonst war ich schüchterner, aber irgendetwas war an Sio, das mich dazu brachte, ihn so offen etwas zu fragen. Seine Augen verschlossen sich, errichteten eine Barriere. „Wieso hast du mich eigentlich beim zeichnen beobachtet?“ fragte ich ihn verwundert. „Mir war langweilig, entschuldige, habe ich dich gestört?“ Jetzt war ich erst recht überrascht und bewunderte ihn fast schon. Junge, Junge, der hatte aber Manieren, dachte ich erstaunt. „Nein, nein, ich hab mich nur erschreckt.“ sagte ich lächelnd.
Dann dongte es und wir mussten zur nächsten Stunde. Englisch, ich lächelte. Die Hauptfächer mochte ich am liebsten. Ich weiß, man denkt jetzt sicher: Boar, ist die etwa ne Streberin? Dazu kann ich nur sagen: Ich mag Schule eben, aber lernen tue ich selten.
In dieser Schulstunde fühlte ich Sio’s Blick auf mir, der sich jedes Mal mit meinem traf, wenn ich mich einmal traute, zu ihm zu blicken. Er versucht wohl, mich zu verstehen, dachte ich lächelnd. Na, dann, viel Erfolg dabei! Es hatten schon viele Jungs aus meiner Klasse versucht, mich zu verstehen, aber keinem ist es bis heute gelungen. Heute bin ich die, die man immer im Unterricht fragen kann, wie das geht, ein „Lehrerersatz“ also. Aber dieser Ausdruck jedes Mal, wenn unsere Blicke sich trafen, den werde ich wohl nie vergessen. Denn ich wusste nicht, was es für ein Ausdruck war, ähnlich wie im Bus, nur das er mich jetzt damit ansah und nicht aus dem Fenster schaute. Als es wieder dongte, schnappte ich mir meinen Zeichenblock, etwas Pausenbrot, das ich von der ersten Pause übrig hatte und setzte mich wieder unter meinen Baum. Ich sah die Meise, wollte schon weiter malen, da kam mir eine Idee. Warum zeichne ich nicht einfach mal diesen Ausdruck? schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Und genau das tat ich. Es war schwierig, den Ausdruck seiner Augen zu zeichnen, aber irgendwie bekam ich es hin. Da sah ich wieder einen Schatten vor mir, aber ich zeichnete weiter. Er setzte sich neben mich und als er das Bild sah, erschrak er zutiefst. „Gibt es einen bestimmten Grund, warum du mich malst?“ Ich errötete und dachte gleichzeitig, was soll’s: „Naja, ich wollte diesen Ausdruck in deinen Augen zeichnen und hatte die Hoffnung, dann zu verstehen, warum du mich so ansiehst.“ Ich hörte ein tiefes Lachen, dass gleichzeitig traurig klang. „Keine Sorge, es hat nichts mit dir zu tun. Nur jedes Mal, wenn ich mit dir zusammen bin, erinnerst du mich an ein Mädchen, dass ich vor einiger Zeit sehr geliebt habe.“ „W…Was ist mit ihr geschehen?“ fragte ich stotternd, da mir der Schreck noch im Nacken saß, ich hatte wohl alles erwartet, nur nicht das. Er wandte sein Gesicht ab und schaute einer Meise beim Essen zu, wobei er wohl mit den Gedanken wo anders war. „Sie hatte einen Autounfall, als sie zu mir fahren wollte. Deshalb gebe ich mir selbst die Schuld dafür.“ Ich nahm seine Hand und drückte sie. Er erwiderte den Druck ein bisschen, wandte aber sein Gesicht nicht wieder mir zu. Ich wartete bis er es tat, erst dann sagte ich aufmunternd: „Gib dir nicht die Schuld an ihrem Tod! Du kannst nichts dafür. Wenn die Zeit eines Menschen gekommen ist, um zu sterben, dann wird es auch geschehen, egal wie.“ Ich sah, wie sich sein Mund zu einem Lächeln verzog und in seine Augen trat für eine Sekunde so ein Leuchten, dass ich ihn am liebsten umarmt hätte. Aber dieses Leuchten verschwand genauso schnell, wie es gekommen war. „Wollen wir Freunde sein?“ fragte ich freiheraus. Er konnte ablehnen oder zustimmen, aber irgendwie war er mir sympathisch, außerdem hatte ich das Bedürfnis, ihn zu trösten. „Ja.“ Er nickte und zwinkerte mir zu. Wir saßen sie restliche Zeit der Pause Hand in Hand unter dem Baum und ich zeichnete mit meiner linken Hand weiter. Gut, dass ich Linkshändlerin bin, dachte ich belustigt.
Als wir wieder im Klassenraum waren, sahen uns die anderen Hand in Hand zusammen reingehen und auf unsere Plätze sitzen. Sie lachten und machten Späße wie: „Hahaha, was seh ich da? Ein verliebtes Ehepaar!“ Mir machte es nichts aus, auch wenn es peinlich war. Als ich mich vergewissern wollte, ob es Sio peinlich war, bemerkte ich, dass er schon wieder ganz woanders war. Ja, seine Augen blickten aus dem Fenster und sie hatten wieder diesen traurigen Ausdruck. Ich drückte seine Hand, traurig darüber, dass er es war und der Unterricht begang. „Kathleen, nun erinnere uns bitte einmal daran, was unsere Hausaufgabe war.“ Nur Frau Hubert nannte mich bei meinem richtigen Namen und meine Eltern. Ich sah, dass Sio seine Augen auf mich richtete, errötete und las laut vor, was unsere Hausaufgabe war. Frau Hubert wusste, dass ich sie immer hatte. Ich rollte mit den Augen und dachte nur: Möge Englisch beginnen!
In der Pause gingen Sio und ich wieder zu „unseren“ Baum. Ich überlegte, was ich als nächstes zeichnen sollte und zeichnete schließlich die Meise zu Ende. Als ich fertig war, fragte Sio mich: „Wieso nennen dich eigentlich alle Kathi und nicht Kathleen?“ Ich sah ihn überrascht an. „Naja, Kathleen ist doch ein bisschen lang, oder etwa nicht? Da hab ich mir gedacht, ich lass mich einfach Kathi nennen.“ sagte ich augenzwinkernd.
Doch dann kam eine Frage, auf die ich gar nicht vorbereitet war: „Möchtest du wissen, wie es damals mit Lily und mir ablief?“ Ich sah ihm in die Augen und konnte nur nicken. Er hatte plötzlich wieder dieses Funkeln in seinen goldenen Augen. Seufzend fuhr er sich durch sein schwarzer Haar, bevor er zu erzählen begang: „Lily und ich waren nun schon 1 Jahr zusammen, als es passierte.“ Er wandte den Blick von meinem Gesicht ab, bevor er weiter erzählte: „Es war einen Tag vor meinem Fünfzehnten Geburtstag und Lily wollte unbedingt noch zu mir fahren, um bei mir zu übernachten. Ihr Vater fuhr sie und auf dem Beifahrersitz saß sie. Plötzlich tauchte ein Reh mitten vor ihnen auf, was nicht unüblich war, denn wir lebten auf dem Land.“ Er stockte kurz, dann erzählte er aber: „Das Reh lief unverletzt fort, aber das Auto fuhr gegen einen Baum und traf genau Lily’s Kopf. Sie war auf der Stelle tot.“ Ich bemerkte, wie ihm eine einzelne Träne über die Wange lief. „Es ist nun schon ein Jahr vergangen und doch erinnere ich mich jeden Tag an sie. An ihr braunes Haar, das in der Sonne heller wirkte und an ihre wunderschönen, blauen Augen.“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und sagte unter Tränen lächelnd: „Vom Aussehen her gleicht ihr euch sehr, nur deine Augen sind grün und vom Wesen her war sie ein so fröhlicher, aufgeweckter Mensch, hingegen du es sicher ebenfalls sein kannst, aber eher der stille, schweigsame Typ bist. So kommt es mir zumindest vor.“ schloss er immer noch lächelnd. Er nahm seine Hände von meinem Gesicht und wir hüllten uns in tiefes Schweigen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

oh, wow. sehr krass :o aber dennoch so süß :) ist aus euch beiden etwas geworden, wenn ich fragen darf?

livelovelies hat gesagt…

Es ist lediglich eine erfundene Geschichte. Das erste Kapitel davon, was aus den beiden wird, erfahrt ihr vielleicht auch noch :) Aber danke trotzdem.

Elisa hat gesagt…

wunderschön geschrieben.